Vor mir liegt das ausgedruckte Manuskript. Es ist nicht der erste Ausdruck, nicht der erste Entwurf. Es wird auch nicht der letzte sein, denn ich weiß jetzt schon, ehe ich das Deckblatt hebe, dass es noch voller Lücken ist. Wie eine Straße, die vor langer Zeit geteert wurde. An manchen Stellen kann man darauf dahinrollen, den Wind spüren, der über die Haare streicht (wir rollen in einem Cabriolet, das Tuch, das wir mehr um unseren Kopf gelegt als geschwungen haben, weht schon längst um unseren Hals und droht, sich jede Sekunde in den schönen Frühlingsmorgen zu verabschieden.
Doch dann, plötzlich, wird es holprig und die Geschwindigkeit muss gedrosselt werden. Löcher im Teer zwingen zu großer Aufmerksamkeit und doch lässt sich nicht vermeiden, dass man, um dem einen Straßenkrater auszuweichen, in einen anderen gerät.
So eine Straße ist mein Manuskript aktuell – zwar nicht so alt, aber bereits genauso renovierungsbedürftig. Die Gefahr besteht nun darin, dass die löchrige Straße bei den Instandsetzungsarbeiten in einen Flickenteppich verkommt. Deshalb liegt es lieber noch ein bisschen neben dem großen Bildschirm, Rotstift und Co müssen warten, bis ich das Gefühl habe, mich Tagelang voll und ganz auf das Manuskript konzentrieren zu können (Was noch nie der Fall war und vielleicht auch der Grund, warum dem Ganzen immer noch Teile fehlen)
Apropos Alter: Ich war schon bei Buchpräsentationen, wo Autoren und Autorinnen mir weiß machen wollten, dass sie ein ganzes Jahr an ihrem mehrere hundert Seiten dicken Roman gearbeitet haben und dass das unglaublich lang sei. Aus heutiger Sicht würde ich von Überheblichkeit sprechen oder aber von Berufsautoren, die sonst wohl keine Hobbys, Freunde, Verpflichtungen haben. Wie sonst kann es sein, dass ich immer noch an dem Roman schreibe, von dem ich seit bereits mehr als drei Jahren spreche und über den ich davor bereits nachgedacht habe? Ich könnte nun in den entsprechenden Ordner auf meiner Festplatte gehen und euch das Startdatum nennen, an dem ich das erste Recherchedokument gespeichert habe.
Aber das würde mir den heutigen, sonnigen Tag gründlich vermiesen, so viel ist sicher. Zu guter Letzt wäre die Wirkung sogar so schlimm, dass ich mich verschämt unter meine Decke kuscheln wollte und nie wieder herauskommen. Davon wird so ein Roman auch nicht druckfertig.
So viel also zum aktuellen Stand in meinem Romanprojekt. Zeit, sich den erfreulicheren Tagesordnungspunkten zu widmen….
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